Andrea Cnyrim – blogurosity

The blog for the culturally curious

Interkulturelle Geschenkinspirationen

Noch kein Weihnachtsgeschenk? Wie wäre es mit einem dieser Titel?

Alle vier hier vorgeschlagenen Bücher haben eines gemeinsam: Sie verbinden eine unterhaltsame Geschichte mit vielen tiefen Einblicken in andere Kulturen, Denkweisen und Perspektiven. Alle Autor*innen kommen aus meinem direkten persönlichen Umfeld bzw. Netzwerk.

Das Jahr des Hahns von Manuel Vermeer
… ist ein Politthriller, in dem es um eine wahre Begebenheit geht, die auch dieses Jahr noch für Schlagzeilen sorgt: den Verkauf des Flughafens Frankfurt-Hahn. Neben gekonnt inszenierter Spannung bietet das Buch viel Wissenswertes über China, deckt auf, wie die Globalisierung funktioniert und warum sich die Chinesen überall in der Welt einkaufen. Der explizite Wunsch des Autors ist dabei, mit Klischees und Unwissen über China und Asien aufzuräumen. Absolut lesenswert. Auch wenn man sonst kein Krimi-Fan ist. Denn Manuel Vermeer hat viele Talente. Als Unternehmesberater und Trainer, als China- & Asienexperte, als Hochschullehrer, ja selbst als Dolmetscher ist er vielen von uns schon lange bekannt. „Es ist Science. Keine Fiction“, sagte der Autor schon über seinen erstes ‚fußnotenfreies‘ Werk Mit dem Wasser kommt der Tod.

Damaskusliebe. Eine interkulturelle Liebesgeschichte von Sabine Zeitler
Wer einen Liebesroman erwartet, bekommt hier so viel mehr als das: Eine Beobachtung der Alltagskultur in Syrien – und wie sie sich verändert hat, Informationen dazu, welche Stolpersteine westliche Reisende dort erwarten und was sie alles lernen und bewältigen, wenn sie länger im Land bleiben, historische Hintergründe und Einblicke in Alltagsleben und Familienverhältnisse in den späten 1980er Jahren sowie natürlich Überlegungen zum Krieg, der nun schon so lange in diesem Land herrscht. Ganz nebenbei und gut zu lesen, während man sich fragt, wie es mit der Liebe der jungen Hauptfiguren weitergeht. Damaskusliebe ist viel mehr als eine interkulturelle Liebesgeschichte, die in Damaskus spielt. Es legt Zeugnis ab über die Liebe, ja die Leidenschaft zu Land und Leuten.

Tod am Taj Mahal von Manuel Vermeer
Ebenfalls ein Thriller, bei dem viel zu lernen und zu erfahren ist über Indien in all seiner Vielfalt und Vielschichtigkeit (s.o.), intelligent verpackt zwischen Action und Hintergrundwissen über das Leben auf dem Subkontinent und anderen Themen von weltweiter Brisanz, wie unsere knapper werdenden Ressourcen und die Kämpfe darum.

Tradition Mord von Sarah Kessler
Frida ist eine ehrgeizige, junge Staatsanwältin in Berlin Moabit und ermittelt nach einem Messerangriff auf eine junge Frau mit türkischem Namen. Dabei stößt sie nicht nur im justiziellen Raum, sondern auch im Privaten auf Vorurteile und an ihre Grenzen. Sabiha wächst im Spagat zwischen Identitätsfragen und den besonderen Herausforderungen des Westberlin der 1980er Jahre auf. Die beiden Frauen könnten unterschiedlicher nicht sein. Ihre Wege kreuzen sich, als Sabihas Tochter wenige Tage nachdem sie ein vergilbtes Foto gefunden hat, Opfer des Messerangriffs wird, in dem Frida ermittelt. 

Auch dieses Buch ist nur vordergründig ein – packender – Krimi. Gleichzeitig bietet es eine Milieustudie der ‚wilden 80er‘ am Beispiel einer aus der Türkei nach Westberlin eingewanderten Familie und der Generation ihrer Kinder. Darüber hinaus spricht die Story intelligent und einfühlsam, vor allem aber ohne kulturbedingte Wahrnehmungsverzerrungen noch ein weiteres Thema an: die Häufigkeit, mit der in Deutschland Frauen von ihren (Ex-)Partnern getötet werden und in Verbindung damit den Umstand, dass dies sehr unterschiedlich bewertet wird, je nachdem, ob sich das in Beziehung von Menschen mit (vermutetem) islamischem Hintergrund ereignet, inklusive einer klugen und differenzierten Erörterung der rechtlichen Folgen.

Andrea Cnyrim • 23. November 2021


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